Fortsetzung "Das Vincente-Fenster"

Sabrina und ich nun schon seit anderthalb Wochen auf diesen einen Moment ...

... Mittwoch der 08.08.2012 ... 5Uhr20 / Das Fenster geht auf

Bereits gestern Abend haben wir meine Karre an die Hochwasserlinie gezogen, um schneller starten zu können an diesem Morgen. Ein Fehler, wie sich später herrausstellen soll. Es ist noch dunkel und erst 5 Uhr, als mich die Geräusche der Brandung aus dem Schlaf holen. Alles scheint gut zu sein, das Wasser hat das Boot noch nicht erreicht. Sabrina träumt noch unter dem Halbdach des SurfPoints, während ich die ersten Sachen verstaue. Doch nur vier Mal den Strand rauf und runter gelaufen, naht das Inferno. Ich renne ... "Sabrina!!! ... wach auf ... die Brandung ist dabei, die Ruderanlage zu zerschlagen!!!" Ich habe sie noch nie so schnell umschalten sehen von Tiefschlaf auf Vollaction. Krasse Nummer ;-) Halbblind noch überholt sie mich fast auf unserem Spurt den Strand hinunter zum Wasser. Mit letzter Kraft holen wir das Boot erstmal wieder hoch. Die obere Ruderhalterung ist wieder herrausgebrochen und das 20er Verbindungsrohr ist verbogen. Unser Schwarzer Humor ist nicht tot zu kriegen trotz der schwierigen Situation, und wir beömmeln uns darüber, wie sie es ohne Kontaktlinsen und bei 50 km/h wohl geschafft haben mag, sich nicht die Beine zu brechen zwischen den ganzen Fun-Booten und Sonnenschirmen. Während ich den Schaden behebe, kümmert sich Sabrina tapfer und schnell um alles, was erledigt werden muss, um den Strand endlich zu verlassen. Joao, der Fotograf, ist da mit seiner Ausrüstung ... wir drehen die Schnauze in die Wellen und gehen immer wieder quer in der harten Brandung, die anscheinend nur auf uns gewartet hat. Das Wasser schlägt über uns zusammen und Sabrina ruft: "Was jetzt? ... was machen wir? ... zurück?" Ich schreie laut ... "never give up" ... reiße den Außenborder an,



springe auf und manövriere unsere Yacht an eine der Mooringbojen, 200 Meter vor der Brandung. Innerlich ärgere ich mich darüber, immer wieder den Arsch vom Boot an der Brandung zu haben. Lerne ich denn nie dazu??? Während ich an der Mooring warte, machen Sab und ich mit Handzeichen klar, dass sie versuchen wird, die restlichen Sachen mit einem Zweier-Kajak des SurfPoints zum Boot zu bringen. Währenddessen teste ich den Außenborder ... springt nicht mehr an!!! Reiße und reiße ... Sprit läuft aus dem Vergaser ... Oooohhh ... das darf doch nicht wahr sein!!!!!!
Ein wichtiger "Fenstertag", um das Kap zu runden, scheint hier gerade den Bach runter zu gehen ...
Nach zwei Stunden klitschnassen Wartens und einer Tüte Chips, die ich noch in der Bilge fand, naht Manuel der Strand-Manager mit seinem 60-PS-Tender, um den müden AB sicher über die Brandung an Land zu bringen. Ein Camper versorgt mich mit noch glänzendem Werkzeug und ich schraube und säubere, wie der Teufel ... Nichts!!! Das ganze Strandpersonal reißt am AB-Zugseil, als wäre es eine Jahrmarktsattraktion ... drei Mal ziehen für 2,50 und ich hätte auch 'nen nagelneuen peesser ;-) gehabt. Nüscht!!! Motor will nicht mehr und nur langsam realisiere ich, dass sich unser Fenster vom Acker



macht ... Lagerkoller? Psychospielchen? Strandrumhängerei? Nö!!! Bereits am Donnerstagmorgen bin ich mit Joao dem Fotografen um 8 Uhr auf dem Weg zur 50 km entfernten Lösung, wie auch immer die aussehen mag, so ohne Kohle aber mit Garantiepapieren :-) Ein Problem ist für mich kein Problem mehr ... schon lange nicht mehr. Es ist der Startschuss für eine Geschichte ... so auch an diesem Tag. Ich kann es nicht alles erzählen. Nach 12 Stunden und zwei Anlaufpunkten war der AB repariert ... Ob es Werksvertretungen gibt, wo einem selbst in einem Garantiefall gesagt wird: "Ist doch nicht mein Problem!"? Jo ... gibt das :-) ... Ob ich während meiner Wartezeiten einem mir völlig wildfremden portugiesischem, erwachsenen Mann Tränen in die Augen schießen lassen kann mit meinen Geschichten? Jo, dat geht. (Krasser Moment ... sehr toll!!!) Ob man an so einem Tag letztendlich von der Jetski-Europameisterin gesagt bekommen kann: "Nö du ... lass mal ... für dich kostet das hier nüscht!" ... hmm :-) Yep ... gibt's alles. Fülle dich nicht mit dem, was schief gehen kann, sondern bleibe gelassen und warte auf eine tolle Geschichte ... sie wird kommen. Immer!!!!



Heute ist Sonntag der 12.08.2012/Sagres am "Ende der Welt"

Mein Name ist Andreas Gabriel und ich bin kurz davor, das Cabo Sao Vicente zu knacken. Sabrina wird wahrscheinlich vor dem nächsten Fenster abreisen müssen und dann bin ich wieder alleine da draußen.
Dienstagmorgen mit dem ersten Licht geht's los, und wieder wird eine neue Geschichte entstehen ... das ist bereits so sicher, wie ein nasser, kalter Arsch!!!