Fortsetzung "Für Nils"

volle Kühlschrank Zuhause...meine Familie und Freunde. Alles scheint so perfekt zu sein, wonach suche ich nur? Doch als Clara jeden Abend in den ersten Tagen meiner Vorbereitung um 19 Uhr Dreißig "Aaaaandreas ... Manjare!!!" über den Campingplatz gröhlt und ich mit ihr, sowie dem alten Giovanni, der vom Daunensyndrom begleiteten Ester und Maddy am Tisch lache bis wir heulen, weiß ich warum ich unterwegs bin. Keiner versteht, was der andere sagt, aber jeder weiß, was gemeint ist. Claras Kartentricks bringen mich zum Staunen und doch aber kontere ich gut mit meinem "Fingerabreiß-Trick" und dem "heulenden Weinglas".


Abschied von Clara

Ich liebe es, Menschen im Wort nicht zu verstehen aber zu versuchen, alles aus ihnen zu lesen. Es war sehr schön dabei zu sein ... schön, neben dem 86 jährigen Giovanni zu sitzen und zu beobachten, wie er Ester fortwährend versucht, die Nudeln vom Teller zu klauen, oder ihr Wein in das Wasserglas zu mischen.
Die unglaubliche Clara spricht kein Englisch und kein Deutsch und dennoch hat sie mir am 06.11.2011 200 Euro in die Hand gedrückt, damit ich nach Hause komme und mir versprochen, auf meine "Karre" aufzupassen. Natürlich bin ich mit diesem Geld zurückgekehrt. Sie wollte es nicht wiederhaben. Bitte überliest das hier nicht ... SIE WOLLTE ES NICHT ZURÜCK !!!


Mein Club La Lenza

Dies ist nicht nur einfach mein Abenteuer ... es ist so eine Art europäisches Herz, dass hier sehr intensiv schlägt und sich durch meine Reise seinen Weg in die Öffentlichkeit sucht und ich bin sehr froh, dieses Herz präsentieren zu können.
Gestärkt und mit 200 Euro in der Tasche mache ich mich an die Arbeit. Vieles wird aussortiert und weggeschmissen. Die alten Dosen mit Schweinefleisch sind sehr rostig aber noch nicht durch ... die kommen wieder mit. Mein Mariner 3.3 springt tatsächlich auf Schlag an nach dem Getriebeölwechsel und der Zündkerzenkur. Zwei Minuten ... plopp ... aus!!! Das Zugseil reißt, der Vergaser sieht von innen aus wie ein Salzstreuer ... Scheiße!!!


Abschied von meinem Freund

Ein Junge vom Campingplatz sitzt mit mir bis spät in die Nacht, bis der Vergaser wieder fit ist. Start nach nun fast einer Woche Vorbereitung. Als Clara zum Abschied von der Kante winkt, verlasse ich wieder ein kleines Zuhause. Doch irgendetwas ist anders ... meine Turbine röhrt metallisch ... Nach 10 Meilen setzt er kurz aus ... springt wieder an und ich rette mich auf Position 8 in meinem GPS, einem Flußdelta laut Kartenprogramm und Google Earth:-)) Nichts wars mit Flußdelta:-) da haben die in den letzten 2 Jahren doch tatsächlich eine Riesenmarina hingeprügelt ... gut für mich. Stefano, der Porto Manager, spricht Englisch ... lädt mich zum Essen ein. Der Motor scheint ok nach einer Ölkur.


Bester Platz bei Flaute - mit Außerborder ;-))

Am nächsten Tag weiter ... die Geräusche werden heftiger. Feierabend nach 16 Meilen mit schwarzem Ruß im Wasser und Geräuschen, als würde man einen Schrottplatz schütteln, diagnostizieren wir in Marinagra / Policoro einen Kolbenfresser. Die Talfahrt meiner Abenteuereuphorie wird jäh gebremst durch das rasche Eingreifen von Sabrina, Antonio, dem Hafenchef und Giovanni, dem Motorenhändler. Sabrina besteht auf Sofortneukauf. Aufgrund der Sicherheit, die ein Motor für mich bedeutet, ist sie nicht bereit für irgendwelche Spielchen und hat natürlich recht damit. Geldtransfer in 2 Tagen und Zack, boing ... fertig. Meinen treuen Helfer zu verabschieden fällt mir schwer ... die neue Dame, einen Honda 2.3 four stroke zu empfangen ... sichtlich einfacher. Ein Wahnsinns-Boxenstopp ... Irre :-) Öl, 2,5 Liter Hauswein und Wurst der Provence gibts von Giovanni draufzu ... also weiter Andreas!!!


Sie macht sich gut . . .

Freitag, der 04. Mai 2012: Beim Queren einer großen Bucht, ca. 5 Meilen ab der Küste in nicht entzückender Welle ... "Knack!!!" Ick dreh mir um, weil der Geräusch mir komisch kommt:-) ... obere Ruderblattaufhängung gebrochen ... die Andere bereits zu 87 %.


Mein Ruderblattschaden

Als 7/8 Havarist entscheide ich mich für Schiavonea. Parke Rückwärts in eine 2 qm Sandbucht ein direkt vor der Küstenwache im Innenhafen und allem an Obrigkeit, was Italien so zu bieten hat hier an der Küste. Ein Auto hält ... "Hey...hast du Problem oder was?" Ich freue mich über das gute Deutsch des Mannes und plötzlich startet hier ein kleines Hafenabenteuer. "Isch lass mir was einfallen", verabschiedet sich Francesco mit meinen zerbrochenen Mustern. "Bin um 19 Uhr wieder da!" ... Er kam auch :-) nur nicht an diesem Tag :-) Zwischendrin musste ich mir von Enzo, dem Chef einer Metallbaufirma, Francesco, dem Presidente des Angelclubs "La Lenza" (bin jetzt übrigens Mitglied :-) und Antonio, dem Autohändler noch anhören, wie scheiße ich aussehe!!! "In Calabrien ist man klein und hat einen dicken Bauch! Irgendetwas stimmt mit dir nicht."


Da sollen jetzt neues rein aus Metall

Für drei Tage wurde ich auf doppelte Ration gesetzt und mir war fast schlecht von der Fresserei. Einen Tag habe ich einen Angler sogar zum Essen eingeladen. Da Francesco ja nicht wiederkam, nahm sich Enzo meiner an. Ich fertigte eine Skizze an und er setzte mich in sein Auto ... eine Beule auf Rädern. Da mein ganzer Körper durch die Bewegung auf dem Wasser eher langsam und schwermütig eingestellt ist, stelle man sich vor wie es ist, eine 95 jährige von ihrem Rollator wegzureißen, um sie kurzerhand in eine Loopingbahn zu verfrachten :-) oooohhhh :-) I am still alive ... Jesus!!!! In Schiavonea ist noch viel mehr passiert. Ende vom Lied: "Komm wieder Andreas ... mit deiner ganzen Familie ... unser Haus ist dein Haus!" Meine Rudergeschichte ist nicht nur einfach so gebrochen. Sie hat mich zu euch gebracht ... Danke!!!

Die Winde hier sind schnell und schwer zu berechnen im Moment. Hinter jedem Kap ist es neu und anders. Entweder njente oder volles Rohr von überall. Hatte krasse Segeltage bereits mit über 50 Meilen am Tag, verbrannten Schienbeinen und verdammt nassem Arsch. Die Straße von Messina sollte fahren wer Action mag :-) Bin durch ein Meer von Kitesurfern hindurch ... man grüßt sich :-) Man, was habe ich hier einen vor die Mütze bekommen!!! Die Straße ist ein Windsauger ... hier wird der Wind also gemacht. Bist du durch, ist es vorbei. Von in Böen 8 Beaufort auf 0!!! Ich wiederhole: Spiegelglatt nach einer Meile auf offener See!!!


Pause am Eingang der Straße von Messina

Heute ist Sonntag, der 20.Mai 2012 / Camerota.
In drei Tagen werde ich Sorento/Capri erreichen. Hört sich eigentlich nett an. Das Schlimme daran aber ist: In ungefähr 14 Tagen wird mein Sohn Nils dort auf Klassenfahrt sein!!! Kein Mensch kann sich auch nur annähernd vorstellen, was es für mich bedeutet, weiterfahren zu müssen. Ich hätte ihn so gerne getroffen dort, aber wenn ich mich für die Biscaya entschieden habe, muss ich sie vor dem 15. September nehmen, und mein Weg ist noch so weit bis dorthin ...


Vor Tropea herrliches Wasser

Ich habe noch etwas von Claras Geld. Gestern Abend war hier ein Fest mit Pizzastand ... habe gelauert bis die Ersten sich etwas holten ... dann bin ich auch hin. "Bagare?" Nö!!!!!
Das habe ich noch mal getan ... und noch mal :-) Duschen sollte 3 Euro kosten in der Marina heute Morgen, der Duschwächter war unerbittlich. Zuviel für mich ... dann lernte ich einen jungen stadtbekannten Thunfischjäger kennen, der mich zum Kaffee einlud ... Duschen for free :-) Kennst du wen, bist du wer!!!

Bis demnächst ... Euer Ghost of the Coast :-)


Im Schwell, zum Teil über 2 Meter, schwer zu fotografieren